Mieterstrommodelle


1. Einführung

Lange Zeit fand solare Energienutzung nur auf Dächern von Eigenheimen, Gewerbebauten oder öffentlichen Gebäuden statt. Für Mietshäuser war die Nutzung von Photovoltaik (PV)-Anlagen dagegen bisher uninteressant. Durch neue, zielgerichtete Mieterstromkonzepte und gesetzliche Förderung sollen nun auch Wohnungsmieter umweltfreundlichen Sonnenstrom vom eigenen Dach nutzen können. Doch dabei gibt es einiges zu beachten. Auf dieser Seite sind die wichtigsten Informationen zum Thema Mieterstrom zusammengefasst.


2. Mieterstrom – Was ist das?

Nach §23b Abs. 2 EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) wird als förderfähiger Mieterstrom der Strom bezeichnet, der in Solaranlagen auf dem Dach eines Wohngebäudes erzeugt und an die Mieter in diesem Gebäude oder in Wohngebäuden und Nebenanlagen in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang geliefert wird. Entscheidend dabei ist, dass der durch die PV-Anlage produzierte Strom bei der Lieferung zum Verbraucher nicht durch das öffentliche Netz geleitet wird (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2018). Nur der überschüssige Strom, der nicht vor Ort verbraucht werden kann, wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Reicht der von der PV-Anlage produzierte Strom nicht aus, um den Bedarf der Verbraucher in unmittelbarer Nähe zu decken, wird Strom aus dem öffentlichen Stromnetz hinzugezogen. Abbildung 1 verdeutlicht das Prinzip. Das Konzept des Mieterstroms funktioniert über einen Mieterstromvertrag zwischen dem Mieterstromlieferanten und dem Mieter. Der Mieterstromlieferant kann dabei der Vermieter oder Hauseigentümer oder ein dazwischengeschalteter Dienstleister sein. Der Mieterstromlieferant hat die volle Versorgungssicherheit für die Vertragsnehmer durch die Versorgung mit Strom aus der PV-Anlage und ggf. durch den Zukauf des übrigen benötigten Stroms von externen Energieversorgern sicherzustellen. Der Mieter hat also weiter­hin die volle Versorgungssicherheit und ist zugleich Profiteur und Unterstützer der Energiewende (vgl. Energieagentur NRW, 2017). Dabei steht es dem Mieter frei, ob er den Mietstromvertrag abschließt oder einen anderen Stromvertrag wählt.


 

Abbildung 1: Beispiel Konzept Mieterstromnutzung (Quelle: www.bundesnetzagentur.de, Stand 18.04.2018). 

3. Mieterstrom – Was ist daran neu?

Das Konzept der Mieterstromnutzung ist nicht neu. Bereits seit einigen Jahren werden Modelle der nachhaltigen Stromerzeugung und direkten Nutzung vor Ort auch in Mietshäusern umgesetzt. Dabei ist nicht nur die Nutzung von Strom aus Photovoltaik-Anlagen, sondern auch aus KWK-Anlagen (Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen wie BHKWs (Blockheizkraftwerke)) oder Kleinwindanlagen möglich. Auch diese Nutzung kann über das EEG staatlich gefördert werden. Neu für Mieterstromkonzepte mit Solaranlagen ist seit Sommer 2017 der sogenannte „Mieterstromzuschlag“ (vgl. Bundesnetzagentur, 2018). Die Höhe des Mieterstromzuschlags ergibt sich aus den aktuell anzulegenden Werten für die Einspeisevergütung abzüglich eines einheitlichen Abschlags von 8,5 Cent je Kilowattstunde (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2017).

 

Beispielrechnung:

Im April 2018 beträgt die Einspeisevergütung für eine 40 kWp Photovoltaik-Anlage 11,95 Cent pro kWh. Dieser Wert ergibt sich zu 25 % aus der Vergütung von Anlagen bis 10 kWp installierter Leistung und zu 75 % aus der Vergütung für Anlagen bis 40 kWp Leistung.

Der Abschlag in Höhe von 8,5 Cent je kWh würde hiervon nun abgezogen, sodass diese Anlage einen Mieterstromzuschlag von 3,45 Cent je kWh erhalten würde (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2018). Diesen Betrag erhielte der Anlagenbetreiber für jede kWh Strom aus der PV-Anlage, den die Mieter direkt verbrauchen. Strom, der aus einem Speicher entnommen wird, würde nicht angerechnet. Für den überschüssigen Strom, der in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird, erhielte der Anlagenbetreiber weiterhin die Einspeisevergütung nach dem EEG (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2017).

Der Mieterstromzuschlag ist mit dem Ziel eingeführt worden, den Aufwand, der auf den Anlagenbetreiber zukommt, wie die Vertrags- und Rechnungsgestaltung mit den Mietern sowie die Registrierungs- und Mitteilungspflichten auszugleichen und das Mieterstromkonzept dadurch auch wirtschaftlich interessant zu machen (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2018). Ob und wie viel Rendite die Anlage abwirft, kann dabei nicht pauschal beantwortet werden. Hier kommt es vor allem auf ein gutes Vermarktungskonzept an. Je mehr Mieter den Solarstrom beziehen, desto wirtschaftlicher ist die Anlage. Nähere Informationen zur Wirtschaftlichkeit des Modells finden Sie in Kapitel 4.


4. Mieterstrom – Kommt das für mein Gebäude infrage?

Der Mieterstromzuschlag ist eine spezielle Förderung und an bestimmte Voraussetzungen geknüpft (vgl. Bundesnetzagentur, 2017):

  1. Die Solaranlagen müssen auf oder an einem „Wohngebäude“ angebracht sein. Das heißt, dass die zum Wohnen genutzte Fläche im Gebäude mindestens 40 % der Gesamtfläche ausmachen muss.
  2. Die Solaranlage darf eine installierte Leistung von maximal 100 kWp haben. Sind mehrere einzelne Anlagen auf dem Gebäude installiert, darf die Gesamtleistung aller Anlagen ebenfalls 100 kWp nicht überschreiten.
  3. Der Mieterstrom muss von den Letztverbrauchern in dem Wohngebäude, auf dem die Solaranlage angebracht ist, oder in einem mit diesem Gebäude im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang stehenden Wohngebäude (bzw. Nebenanlagen) verbraucht werden.
  4. Auf dem Weg zum Letztverbraucher darf der Strom nicht durch ein Netz der allgemeinen Versorgung geleitet werden.
  5. Die Anlage muss im Marktstammdatenregister eingetragen und die Veräußerungsform „Mieterstrom“ angegeben sein.

5. Mieterstrom - Lohnt sich das?

Sowohl für Mieter als auch für Vermieter und Anlagenbetreiber ergeben sich umfangreiche Vorteile aus der Nutzung von Mieterstrommodellen. Zum einen tragen beide zu einer umweltfreundlichen Dezentralisie­rung der Energieversorgung bei, indem sie Sonnenstrom vom eigenen Dach produzieren bzw. nutzen. Zum anderen bieten sich für beide auch wirtschaftliche Vorteile.

 

5.1 Vorteile für den Mieter

Neben dem Vorteil, lokalen und nachhaltigen Strom nutzen zu können und damit einen Beitrag zur Energiewende zu leisten, ist ein weiterer wesentlicher Vorteil des Mieterstroms der günstigere Preis. Denn bei selbst erzeugtem Strom können gewisse Strompreisbestandteile eingespart werden. Abbildung 2 verdeutlicht die Zusammensetzung des Strompreises aus verschiedenen Komponenten bei Referenzstrom aus dem Netz und Vorortstrom beispielweise durch PV vom eigenen Dach.

Da der Mieterstrom aus der PV-Anlage nicht durch ein öffentliches Netz geleitet wird, entfallen für Anlagen bis zu einer installierten Leistung von 2 MWp die Netzumlage, die Konzessionsabgabe, das Netzentgelt und die Stromsteuer. Trotz im Vergleich höherer Kosten für die Energiebeschaffung sowie Messung und Abrechnung ist Mieterstrom immer noch günstiger als der Strompreis-Durchschnitt in Deutschland. Da die staatlichen Zuschüsse, wie die Einspeisevergütung und der Mieterstromzuschlag, über 20 Jahre garantiert werden und die Energiebeschaffungsaufwände gut zu kalkulieren sind, kann auch die Strompreisgestaltung relativ langfristig kalkuliert werden. Dadurch bleiben die Preise für den Mieterstrom vergleichsweise stabil (vgl. Energieagentur NRW, 2017)


Abbildung 2: Vergleich Strompreiskomponenten (Quelle: Energieagentur NRW, 2017).

5.2 Vorteile für den Vermieter bzw. Anlagenbetreiber

Der Vermieter profitiert durch das Mieterstromkonzept zunächst von einer Steigerung der Attraktivität seiner Immobilie. Wenn er zudem selbst Anlagenbetreiber ist, lohnt sich die Anlage auch wirtschaftlich. Voraussetzung dafür ist in erster Linie eine hohe Anschlussdichte der Mieter. Je mehr Mieter Mieterstrom beziehen, desto mehr Strom kann mit einem Mieterstromzuschlag abgerechnet werden. Da jeder Mieter seinen Energieversorger frei wählen kann und Kunden für maximal zwei Jahre an einen Stromliefervertrag gebunden werden können, gilt es ein schlüssiges Betriebs- und Vertragskonzept zu entwickeln sowie eine passende Kommunikation zu den Mietern zu pflegen (Energieagentur NRW, 2017). Für einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage ist zudem das Verhältnis von Autarkiegrad und Eigenstromverbrauchsanteil entscheidend. Je größer die PV-Anlage dimensioniert ist, desto mehr Strom wird produziert. Die Autarkie ist hoch, da wenig Strom aus dem Netz dazu gekauft werden muss. Gleichzeitig ist der eigene Verbrauchsanteil des selbst produzierten Stroms bei sehr großen Anlagen gering. Der überschüssige Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist und wird damit nicht mehr mit dem Mieterstromzuschlag vergütet. Ein ausgeglichenes Verhältnis von Autarkie und Eigenstromverbrauch ist daher zu empfehlen. Die Energieagentur NRW nennt einen Eigenverbrauchsanteil von 30 bis 40 % einen realistischen Wert (vgl. Energieagentur NRW, 2017).

Sind klassische Energieversorger die Anlagenbetreiber, können sie mit Hilfe des Konzepts ihr Angebotsportfolio erweitern und werden vom Versorger zum Dienstleis­ter. Aber auch für weitere neue Anbieter wie Energiegenossenschaften und Wohnungsgesellschaften ergeben sich Chancen, sich auf dem Energiemarkt einzubringen (vgl. Energieagentur NRW, 2017).


6. Literatur 

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2018): Homepage Stand: 19.04.2018

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2017): Gesetz zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des Erneuerbare Energien Gesetzes (2017)

Bundesnetzagentur (2017): Hinweis zum Mieterstromzuschlag als eine Sonderform der EEG- Förderung; Bundenetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen; Bonn.

Bundesnetzagentur (2018): Homepage; Stand 18.04.2018


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